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"Voluntourismus in Indien kann mehr Schaden als Nutzen bringen, wenn er nur kurzfristig und ohne Fachkenntnisse erfolgt. Um wirklich etwas zu bewirken, solltet ihr euch langfristig bei renommierten NGOs engagieren, eure Fähigkeiten einsetzen und nachhaltige Projekte unterstützen. India Someday fördert verantwortungsbewusstes, sinnvolles Engagement", sagt Aaliya Shaikh, Reiseexpertin, India Someday

Voluntourismus, eine Ausprägung der Ökotourismus-Bewegung der 1990er Jahre, entstand, als Reisende Pauschalreisen zugunsten authentischerer Erlebnisse mieden. Da sie bereit waren, für diese Erlebnisse zu bezahlen, förderten sie unbeabsichtigt das gewinnorientierte Wachstum von Organisationen, die solche „Authentizität” anboten. Auch heute noch ist den meisten Menschen nicht bewusst, dass kurzfristige Freiwilligentätigkeiten im Ausland eher schädlich als nützlich sind. Versteht uns nicht falsch – Voluntourismus hat seine Vorteile, aber nur, wenn man sich gut informiert damit auseinandersetzt. Lest unseren Blog über Voluntourismus in Indien und erfahrt, wie ihr trotz der hitzigen Debatte immer noch euren Beitrag durch Freiwilligenarbeit in Indien leisten könnt.

freiwilligenarbeit in indien Freiwilligenarbeit kann ganz unterschiedlich aussehen, so wie hier wo Gäste eines Homestays helfen, Mangroven Setzlinge zu pflanzen

Die negative Seite von Voluntourismus

Voluntourismus, obwohl von edlen Gefühlen getragen, basiert auf widersprüchlichen wirtschaftlichen Überlegungen. Freiwillige melden sich gerne bei Organisationen an, die ihnen die Möglichkeit bieten, an Bauprojekten in armen Dörfern mitzuwirken oder ein Waisenhaus zu besuchen. Obwohl es für die Gäste definitiv transformativ ist, ist der tatsächliche Nutzen für die lokale Bevölkerung  eine Grauzone.

Voluntourismus in Dörfern

Voluntourismus in Dörfern ist ein wichtiger Bestandteil des Voluntourismus in Indien. Allerdings kann man damit mehr Schaden als Nutzen anrichten. Zum einen suchen die Menschen in solchen Dörfern oft verzweifelt nach Arbeit. Das Letzte, was sie brauchen, sind importierte ungelernte Arbeitskräfte, die ihnen nicht nur ihre Jobchancen nehmen, sondern ihnen auch eine mangelhafte Infrastruktur oder Versorgung bieten, da sie nur kurzfristig dort sind. In den meisten Fällen gibt es in diesen Dörfern genügend willige und fähige Menschen. Und der Zeit- und Ressourcenaufwand für die Ausbildung und Überwachung ungelernter Helfer und Helferinnen schmälert den Aufwand, den die lokalen Gemeinden in die Umsetzung der Projekte selbst stecken könnten. Seid euch also der Auswirkungen bewusst, wenn ihr das nächste Mal in Versuchung geratet, euch für Freiwilligenarbeit in Indien für Brunnen- oder Schulbau engagieren zu wollen. 

Waisenhaus- und Schultourismus

Waisenhaustourismus ist der zweite große Bereich des Voluntourismus und ebenfalls problematisch. Dabei besuchen Reisende Waisenhäuser, Schulen und andere Einrichtungen im Rahmen von Pauschalreisen, Tagesausflügen oder Rundreisen. Die größte Gefahr bei der Kommerzialisierung des Waisenhaustourismus ist, dass er einen Markt für Waisenkinder schafft, wodurch Kinder in die Hände von Kriminellen fallen. In Indien gab es mehrere Fälle, in denen Waisenhäuser als Tarnung für finstere Machenschaften dienten. Dies zeigt, wie verheerend die Auswirkungen der gut gemeinten Freiwilligenarbeit in Indien sein können. Auch in Kambodscha sind die Waisenhäuser stark gewachsen, nur um dem Hilfsbedürfnis von Reisenden nachzukommen. Kinder, die keine Waisen sind, werden als Anziehungspunkt für Voluntouristen genutzt. In solchen Fällen zeigt sich Voluntourismus als lukratives Geschäft ohne wirkliche soziale Wirkung.

Auch der Besuch von Schulen für einen kurzen Zeitraum ist schädlich. Freiwillige müssen Englisch als Muttersprache haben oder fließend Englisch sprechen, damit ihr Unterricht von Nutzen ist. Kurzfristige Freiwilligenarbeit in Indien stört lediglich den Lernfluss der Schüler und Schülerinnen. Freiwilligen darf nicht die Macht übertragen werden, über den Lehrplan zu entscheiden. Dies ist ein Warnsignal, und solche Organisationen verfolgen meist ausschließlich Profitinteressen. Auch wenn die Kinder den Eindruck haben, den Kontakt mit Fremden zu genießen, stört dies ihren Schulalltag und Lehrplan und bringt keinen wirklichen Lernvorteil. In manchen Ländern, wie beispielsweise Indien, gibt es genügend lokale Fachkräfte mit hervorragenden Englischkenntnissen, sodass ausländische Reisende als Englischlehrende nicht benötigt werden.

Anstatt ein Waisenhaus oder eine Schule für kurze Zeit zu besuchen und die Kinder mit dem vertrauten Gefühl des Verlassenseins zurückzulassen, ist die Unterstützung lokaler NGOs und Betreuungspersonal  eine viel bessere Alternative.

Schaut euch hier einen sehr gelungenen Artikel zur Erklärung des Begriffs “White Saviour Complex” (Weißer-Retter-Komplex) an. 

freiwilligenarbeit in indien India Someday unterstützt selbst Schulen in ablegenen Gebieten mit Sachspenden wie Schulranzen und Schreibwaren

Freiwilligenarbeit in Indien richtig angehen

Die Situation mag düster erscheinen, doch wenn ihr an Freiwilligenarbeit in Indien interessiert seid, dann gibt es viele Wege, dies in einer Art und Weise zu tun, die sowohl euch als auch den lokalen Gemeinden zugutekommt. 

Dauer

Engagiert euch mehrere Monate statt nur ein paar Tage oder Wochen. So haben beide Seiten Zeit, sich einzugewöhnen und einen Kompromiss zu finden, um die bestmögliche Arbeit zu leisten. Wenn ihr für langfristige Freiwilligenarbeit in Indien keine Zeit habt, ist finanzielle oder materielle Unterstützung oft sinnvoller als ein kurzer Einsatz.

Hintergrundrecherche

Recherche ist immer hilfreich. Informiert euch gründlich über die Organisationen, die Programme und die Einsatzstellen. Sucht direkt nach NGOs, anstatt sich an Organisationen zu wenden, die Geld verlangen. Schaut, ob es Organisationen gibt, die eure Fähigkeiten nutzen können. Buchhaltung, Fundraising oder Verwaltungsarbeit erscheinen vielleicht nicht so spannend, wie Kinder zu unterrichten oder einen Brunnen zu graben. Bedenkt jedoch, dass NGOs diese Fähigkeiten oft am meisten benötigen, daher kann euer Beitrag durch Freiwilligenarbeit in Indien hier am nachhaltigsten sein.

Hinweis: Ein spannendes Programm ist das SES (Senior Expert Service), bei dem ihr im Alter ab 30 Jahren euer Know-How ganz gezielt und ehrenamtlich einbringen könnt und somit zu nachhaltiger Entwicklung beitragt. Und ganz sicher lernt ihr dabei selbst noch so einiges dazu!

Selbst Hand anlegen

Wenn ihr euch ehrenamtlich in Bauprojekten engagieren möchtet, empfehlen wir euch einen längeren Zeitraum, in dem ihr mit jemandem interagieren und vorzugsweise unter der Leitung von jemandem arbeiten könnt, der sich z. B. mit dem Bau von Mauerwerk auskennt. Findet heraus, ob die NGO auch lokale Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigt, und scheut euch nicht, mit ihnen oder unter ihrer Leitung zu arbeiten. Noch wichtiger: Stellt sicher, dass das Bauvorhaben Teil eines größeren Entwicklungsplans für die Gemeinde ist. Oder helft mit, eine nachhaltige Strategie zu entwickeln, die nicht nur kurzfristige Lösungen bietet. Ein langfristiger Plan, der sich um lebensnotwendige Dinge wie Wasser und Sanitärversorgung, Wohnraum und Infrastruktur dreht, zeigt, dass der NGO das Wohl der Gemeinde am Herzen liegt.

Nachhaltige Freiwilligenarbeit in Indien

Tragt dazu bei, dass die positiven Ergebnisse eurer Arbeit möglichst nachhaltig sind. Nachhaltigkeit ist oberstes Gebot, denn ohne Freiwilligenarbeit gibt es keinen echten Nutzen für die Empfänger-Seite. Sprecht mit den Leuten vor Ort und unterstützt sie bei den Dingen, die sie brauchen und verzichtet darauf, selbst Entscheidungen zu treffen. Die lokalen Mitarbeitenden einer NGO kennen die Bedarfe und den kulturellen Kontext besser als ihr.

Und schließlich: Klärt das ewig diskutierte Dilemma: Was sind eure Gründe für die ehrenamtliche Freiwilligenarbeit in Indien? Wollt ihr damit die Welt verbessern? Auch wenn es eine unangenehme Frage ist, muss sie beantwortet werden. Falls ihr aufgrund der erforderlichen Fähigkeiten oder aufgrund von Zeitbeschränkungen nicht in die Länder reisen können, in denen ihr euch ehrenamtlich engagieren wollt, denkt an die lokalen Gemeinschaften in eurer Umgebung. Nachhaltige Entwicklung und die Lösung sozialer und ökologischer Probleme sind überall auf der Welt erforderlich. Fangt erst klein zu Hause an und erkundet nach und nach, wie ihr dieses Engagement global ausweiten könnt. Verschiedene Wege sind beispielsweise Partnerschaften mit Kommunen in Indien, gezielter Wissensaustausch zu Themen wie Klimawandelanpassung oder informelle soziale Netzwerke, Jugendaustausche zur Förderung gegenseitiger Verständigung und Verständnis, etc. Dazu gibt es in Deutschland viele Möglichkeiten der Förderung. 

freiwilligenarbeit in indien Natürlich macht es besonders viel Spaß mit Schulkindern zu arbeiten, aber seid euch immer der Auswirkungen eures Handelns bewusst Agoodbye (Credit: Church of Kings)

Freiwilligenarbeit in Indien mit positiver Wirkung 

Scheint euch die Aussicht auf Freiwilligenarbeit in Indien nun zu düster? Keine Sorge – es gibt NGOs und Projekte, die einen Lichtblick in der Profitgier bieten. Hier sind einige NGOs und Organisationen in Indien, die wir recherchiert haben und die unserer Meinung nach die passenden Kandidaten für nachhaltigen Voluntourismus in Indien sind:

Die Himalayan Media Welfare Society in Gorubathan bei Darjeeling bietet ethisches Freiwilligenengagement mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit, Bildungs- und Sensibilisierungsprogrammen.

Für alle, die eine größere Herausforderungen suchen, bietet Aarohi in Uttarakhand langfristige Freiwilligenarbeit an abgelegenen Orten an.

Clap Global mit Sitz in Mumbai ist ideal für Reisende, die ein paar Stunden Freiwilligenarbeit in Indien leisten möchten. Ihr habt die Möglichkeit, mit einer Gruppe kleiner Kinder über euer Land zu sprechen und sie über ihr Indien zu befragen. Kontaktiert uns, um mehr zu erfahren.

Die Fandry Foundation mit Sitz in Mumbai und einigen anderen Städten unterstützt Freiwilligenarbeit in Indien mit Projekten in Stammesgebieten.

Atma mit Sitz in Pune und Mumbai bietet verschiedene Freiwilligenarbeit in Indien an, allerdings für mindestens drei Monate. Eure Rolle richtet sich nach eurem Erfahrungsniveau und eurem persönlichen Hintergrund.

Wenn ihr gerne in Indien leben und es erleben möchtet, schaut euch auch Workaway oder Worldpackers an, beides globale Organisationen. Ihr arbeitet täglich für bestimmte Stunden und erhaltet  dafür Verpflegung und Unterkunft.

Südindien Freiwilligenarbeit in indien Ein langfristiger Freiwilligendienst kann nicht nur positive Auswirkungen auf das Projekt haben, sondern auch auf euch

Wenn ihr auf eurer nächsten Auslandsreise etwas Gutes tun möchtet, solltet ihr euch einiger praktischer und ethischer Fragen bewusst sein, mit denen ihr wahrscheinlich konfrontiert werdet. Verantwortungsbewusstes und nachhaltiges Reisen sind andere Möglichkeiten, Gutes zu tun, auch ohne Freiwilligenarbeit in Indien. Letztendlich liegt die Entscheidung, wie in allen Situationen, bei euch. India Someday bietet Beratung und Unterstützung für Freiwilligenarbeit in Indien an, allerdings nur für diejenigen, die mindestens zwei Monate lang ehrenamtlich arbeiten möchten. Darüber hinaus helfen wir euch gerne bei der Planung einer nachhaltigen Indienreise. Klicke einfach auf „Reise planen“ und wir helfen euch gerne weiter.



Frequently Asked Questions

Voluntourismus ist eine Kombination aus Freiwilligenarbeit und Tourismus. Mit diesem Wort wird Tourismus mit der Absicht beschrieben, sich freiwillig bei einer Organisation in einem anderen, vermeintlich weniger entwickelten Land zu engagieren.

Ja und nein. Voluntourismus bietet viele Vorteile. Ihr leistet einen wertvollen Beitrag für die Gemeinschaft, indem ihr eure Zeit und Ressourcen ehrenamtlich einsetzt. Gleichzeitig gibt es auch problematische Aspekte von Voluntourismus, insbesondere wenn es kommerzialisiert ist. Kurzfristige Aufenthalte ohne Wirkung, die Verdrängung lokaler Fachkräfte und die Ausbeutung besonders vulnerabler Gruppen sind nur einige negative Auswirkungen von Voluntourismus.

Während einige Freiwillige für ihre Arbeit in der Gemeinde eine kleine Summe erhalten, arbeiten viele Freiwillige kostenlos oder gegen eine Vergütung wie Verpflegung und Unterkunft.

Tanja Holbe

About Tanja Holbe

"Indien lässt mich nie richtig los!" - die Liebe für das Land und die Leute ist bei Tanja früh entstanden und hat sie an die schönsten Orte Indiens geführt. Seit sie ein Jahr in Südindien gelebt hat ist sie verrückt nach Chai und Dosa und das Leben in Mumbai hat ihr die Vielfalt von Indien wie in einem Brennglas präsentiert. Als studierte Regionalwissenschaftlerin für Südasien ist Tanja nicht nur eine Expertin für Reisen nach Indien, sondern auch für Kultur, Politik und Sprachen des Landes.

Wir bei India Someday lieben es Menschen für das Reiseland Indien zu begeistern. Unser Deutsch-Indisches Team hat den Subkontinent bereits mehrmals von Norden nach Süden und Westen nach Osten bereist und teilt mit Leidenschaft Tips und Erfahrungen. Wir helfen bei der Auswahl der Reiseziele, Route und Reisezeit und können somit hoffentlich auch euren Traum von ‘India Someday’ zur Wirklichkeit machen. Viel Spaß beim Stöbern!